Gut erreichbar und attraktiv für alle Verkehrsteilnehmer – liberale Ideen für die Kieler Verkehrspolitik

Chancen und Probleme der Kieler Verkehrssituation

 

Die Kieler Verkehrspolitik ist für uns Freie Demokraten Kiel eines der wichtigsten Zukunftsthemen der nächsten Jahrzehnte. Es betrifft die Menschen, die hier leben und arbeiten, die bestehenden Unternehmen und die neuen Start-Ups sowie die Touristinnen und Touristen, die auf Fähren und Kreuzfahrtschiffen täglich in der Stadt anlanden. Für sie alle ist es von fundamentaler Bedeutung, wie sie sich auf städtischem Gebiet bewegen können, wie sie – sei es geschäftlich oder privat – von einem Teil der Stadt zum anderen kommen, wie sie von außerhalb die Innenstadt oder vom städtischen Gebiet schnell die überregionalen Verkehrswege  erreichen können. Die Kieler Verkehrspolitik bewegt sich dabei im Spannungsfeld von Klima- und Umweltschutz, wirtschaftlicher Wertschöpfung und freier Entfaltung des Einzelnen in Beruf und Freizeit.

 

Dabei gibt es in Kiel gegenwärtig durchaus Licht, aber auch viel Schatten. 

 

Positiv fällt auf, dass die Busse qualitativ besser werden: Hybrid- und bald auch vollständig elektrisch betriebene Fahrzeuge reduzieren die innerstädtische Schadstoffbelastung und Verbesserungen von Streckenführung und Taktungen sorgen beispielsweise für eine bessere Erreichbarkeit der Hochschulen. Viele Teile der Stadt sind mit dem Fahrrad gut und sicher erreichbar und die Veloroute 10 unterstreicht als erster Kieler Fahrradschnellweg Kiels Status als eine der fahrradfreundlichsten Städte Norddeutschlands. Auch für Fußgängerinnen und Fußgänger hat es durch das Fußwegeachsen- und Kinderwegekonzept durchaus Verbesserungen gegeben. 

 

Kiel steht, was die Verkehrssituation angeht, vor gewaltigen Herausforderungen. 

 

In der Kieler Verkehrssituation gibt es jedoch auch erhebliche Potentiale: So kann ein Ausbau der Fördeschifffahrt – wie er von uns schon lange gefordert wird – die Stadtteile näher zusammen bringen, anstatt immer nur „um die Förde herum“ zu denken. Gerade hier ist eine große Chance, den Freizeitwert unserer Stadt zu erhöhen. Darüber hinaus bestechen die Stadt und besonders der Stadtkern durch kurze Wege, was im Grunde gerade für Fußgänger und Radfahrerinnen attraktiv sein kann. 

 

Ziele einer Kieler Verkehrspolitik

 

Vor dem Hintergrund der Ausgangslage identifizieren wir drei wesentliche Großziele einer liberalen Kieler Verkehrspolitik für die nächsten Jahre:

 

           1.     Unkomplizierte Erreichbarkeit des Lebensraums (Innen)Stadt

Da eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur Basis der Wirtschaftskraft jeder Stadt ist, betrachten wir die Sicherung der Erreichbarkeit aller Stadtteile und der Innenstadt im Besonderen als unerlässlichen Beitrag zur Existenzsicherung für Stadt und Einwohner. Gerade die Erreichbarkeit der Innenstadt stellt dabei einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherung des Herzens unserer Stadt dar. Den Kielerinnen und Kielern sowie den Einwohnerinnen und Einwohnern des Umlands muss es leicht gemacht werden, die Innenstadt möglichst stressfrei zu erreichen – und zwar auch in Zukunft mit dem Auto. Gleichzeitig wollen wir jedem soweit möglich den Freiraum gewähren, seine Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren. Die unkomplizierte und vor allem bequeme Erreichbarkeit der Innenstadt mit Fahrrad und ÖPNV sichert somit ebenso die Existenz und Lebensqualität unserer Stadt. Um die Erreichbarkeit der Innenstadt und der Stadtteile zu gestalten, möchten wir auch ganz besonders und immer mehr die Chancen der Digitalisierung nutzen.  

 

           2.   Interessensausgleich der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer

Für uns haben alle Verkehrsmittel ihr Recht in Kiel. Wir wollen deshalb eine Kultur der Toleranz zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern unterstützen. Für uns steht es unumstößlich fest, dass jeder mit dem Verkehrsmittel seiner Wahl die Möglichkeit haben muss, ans Ziel zu kommen. Dabei hat auch das Auto seinen festen Platz in allen Stadtteilen. Zwar ist das Konzept der „autogerechten Stadt“, das in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg für die Verkehrsplanung grundlegend war, heute nicht mehr angemessen. Eine Ausgrenzung von Autofahrerinnen und Autofahrern bzw. der Versuch, sie mit Beeinträchtigungen wie einer Parkplatzverknappung zum Umstieg auf Fahrrad oder ÖPNV zu erziehen, ist nicht nur wirtschaftlich unsinnig, weil so die Innenstadt ausgetrocknet wird und Menschen aus Stadt und Umland an leichter erreichbare Orte gezogen werden. Eine derartig oberlehrerhafte Einstellung widerspricht zugleich diametral unserem Wesenskern als liberale Partei. Als Rechtsstaatspartei ist es für uns selbstverständlich, dass sich alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer an die StVO halten. Wir begrüßen, dass dies in zunehmendem Maße durch den neuen kommunalen Ordnungsdienst sichergestellt wird. 

 

             3.     Klimaschutz und Reduktion des Schadstoffausstoßes 

Der Schutz von Klima und Umwelt ist für uns zugleich unverzichtbare Sicherung der Existenzgrundlage für zukünftige Generationen: Klima- und Umweltschutz sind Menschenschutz. Anstelle von einseitigen Verengungen auf einzelne Antriebsarten oder von Ausgrenzung des motorisierten Individualverkehrs setzen wir vielmehr auf technische Innovationen, um den Verkehrsbedingten Ausstoß von schädlichen Gasen auf dem Kieler Stadtgebiet zu reduzieren. Neben neuen Antriebssystemen gilt es aber auch in Kiel, die Start-Stopp-Vorgänge von Autos soweit wie möglich zu reduzieren, da gerade hier die Emissionsbelastung besonders hoch ist. Hier können eine effizientere Parkplatzsuche und ein besseres Baustellenmanagement einen Beitrag leisten.

 

Unsere konkreten Verbesserungsvorschlägen 

Für den Autoverkehr in Kiel haben wir die folgenden konkreten Forderungen und Vorschläge:

  • In den Stadtteilen und insbesondere in der Innenstadt darf es keinen weiteren Abbau von Parkplätzen geben. Vielmehr ist die Parkplatzsituation an Brennpunkten zu entspannen. Hierfür betonen wir insbesondere, dass schnell die Einrichtung von öffentlichen Tiefgaragen zu prüfen ist. Hierfür kommen beispielsweise der Exerzierplatz, der Blücherplatz und der Wilhelmplatz in Frage.
  • Durch digitale Parkleitsysteme wollen wir gerade im Zentrum Kiels langwierige Parkplatzsuchen reduzieren. Dies ist komfortabler, macht somit die Innenstadt attraktiver und reduziert nicht zuletzt den Schadstoffausstoß.
  • Wir fordern die Verwaltung der Stadt Kiel auf, sich für dafür einzusetzen, dass es in Kiel ein komfortables Car-Sharing-Netz gibt, dass nach dem Free-Floating-Prinzip funktioniert. Daher würden wir es sehr begrüßen, wenn  Car Sharing-Anbieter, wie Share Now, nach Kiel kämen. Dies würde nicht nur Touristen einen besseren Standard bieten, sondern auch den Platzverbrauch in der Stadt durch parkende Autos reduzieren.
  • Wir wollen weitere Prüfungen veranlassen, wie der Autoverkehr beispielsweise durch grüne Wellen optimiert werden kann. Hierfür sind intelligente Systeme wünschenswert, die die jeweilige Verkehrslage berücksichtigen.
  • Wir unterstützen alle erforderlichen Maßnahmen, um Fahrverbote zu vermeiden. Ein solcher würde nur zur Verlagerung des Verkehrs führen, und den Schadstoffausstoß in der Gesamtbilanz eher erhöhen.
  • Wir unterstützen die zeitnahe Einrichtung von Wasserstofftankstellen auf Kieler Stadtgebiet. Weiteren alternativen Antriebsformen stehen wir aufgeschlossen gegenüber.
  • Die bewusste, unnötige Sperrung von Straßen zur auch nur teilweisen Umerziehung von Bürgern, wie die aktuell diskutierte Sperrung der Kiellinie, lehnen wir ab.

  

Für Bus und Bahn in Kiel haben wird die folgenden konkreten Forderungen und Vorschläge:

  • Wir fordern, das Preis-Leistungs-Verhältnis des Kieler ÖPNV zu verbessern.
  • Das Bus-Netz bedarf einer (teilweisen) zirkularen Neustrukturierung um die Erreichbarkeit der Stadtteile untereinander zu erhöhen. Die Nutzung des ÖPNV wird für die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer auch dadurch attraktiver, dass sie nicht immer einen Umweg über den Bahnhof in Kauf nehmen müssen.
  • Insbesondere zu Spitzenzeiten und bei besonders belasteten Strecken ist die Taktung der Busse zu erhöhen.
  • Wir fordern, das Tarifsystem auf Zeittickets umzustellen. Dies würde beispielsweise kurze Fahrten für schnelle Besorgungen attraktiver machen.
  • Wir fordern die Einrichtung von mehr Schnellbuslinien, um weiter außerhalbliegende Stadtteile besser an die Innenstadt anzubinden. Dies bedeutet z.B. eine Verstetigung der Linie 30S. Gleichzeitig sollen derartige Schnellbusse nur die wichtigsten Haltepunkte anfahren. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch über eine Reduktion der Haltestellen der Linie 60S zu diskutieren.
  • Die Möglichkeiten der kostenlosen Fahrradmitnahme sind bei allen Bussen zu erhöhen, um die Kombination dieser beiden Verkehrsmittel zu erhöhen.
  • Wir begrüßen die Entwicklung autonomer Busse und können uns gut vorstellen, mit ihnen insb. Vororte der Stadt Kiel besser an das Zentrum anzubinden.
  • Eine Stadtbahn sehen wir nur als sinnvoll an, wenn man einen eindeutigen volkswirtschaftlichen Nutzen vermuten kann. Nach gegenwärtigem Stand halten wir hierfür ein so genanntes BRT-System (Bus Rapid Transit) für deutlich geeigneter, da es flexibler und vmtl. kostengünstiger ist, als eine Bahn mit festen Gleisen. Möglichkeiten der autonomen Verkehrsführung stehen wir an dieser Stelle aufgeschlossen gegenüber.
  • Ferner stehen wir einer Seilbahn als alternativer Verbindung über die Kieler Förde nach wie vor aufgeschlossen und mit großem Interesse gegenüber.

Für die Schifffahrt in Kiel haben wird die folgenden konkreten Forderungen und Vorschläge:

  • Die Fördeschifffahrt ist in das Tarifsystem der Busse einzugliedern. Künftig soll es möglich sein, mit einer Fahrkarte Bus und Schiff zu kombinieren, ohne einen Bordzuschlag zahlen zu müssen.
  • Eine kostenlose Fahrradmitnahme ist auf der ganzen Fördeschifffahrt zügig einzurichten, um die Kombination dieser beiden Verkehrsmittel zu verbessern.
  • Eine dauerhafte Verbindung von Bahnhof und Fachhochschule ist einzurichten.
  • Wir fordern die Wiedereinrichtung eines weiteren Haltepunktes in Holtenau – z.B. am Thiessenkai – zu prüfen.
  • Grundsätzlich wollen wir gerade auch auf den Förde-Fährlinien die Taktung erhöhen. Pendlern aus Orten wie Laboe oder Heikendorf soll somit eine attraktive Alternative zu Auto und Bus angeboten werden.
  • Einer Verlängerung der Betriebszeiten der Kanalfähre stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber. 

Für den Zweiradverkehr in Kiel haben wir die folgenden konkreten Forderungen und Vorschläge:   

  • Wo es sinnvoll erscheint, unterstützen wir die Einrichtung weiterer Fahrradbügel. Der Grundsatz soll dabei jedoch sein, dass wenn irgend möglich keine weiteren Parkplätze für Autos aufgegeben werden.
  • Wir unterstützen den bedarfsgerechten Ausbau von Radwegen, die heute noch zu schmal sind. Eine Sperrung von Spuren für Autos oder eine Reduktion von Parkplätzen lehnen wir jedoch ab.
  • Wir sehen es als wichtige Herausforderung an, das Radverkehrsnetz gerade auf dem Ostufer noch attraktiver zu machen – nicht zuletzt um die Erreichbarkeit von FH und Geomar zu verbessern.
  • In neu zu schaffenden Tiefgaragen sind ebenso Fahrradparkplätze zu integrieren.
  • Wir begrüßen und unterstützen die Einrichtung eines E-Roller-Sharing-Systems in Kiel. 

 

Die Chancen der Digitalisierung für die Kieler Verkehrspolitik wollen wir nutzen und haben hier die folgenden konkreten Forderungen und Vorschläge:

  • Wir begrüßen die Einrichtung autonom fahrender Busse und begreifen diese als Chance für Kiel. Als Stadt, die sich zur Digitalisierung bekennt, soll Kiel für die Einrichtung von Versuchsstrecken bereitstehen, um die technische Innovation nach Kräften zu befördern.
  • Unter dem Konzept der Smart City wollen wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, um die Verlinkung der unterschiedlichen Verkehrsmittel zu erhöhen.
  • Bemühungen, den Kieler ÖPNV weiter zu digitalisieren sehen wir sehr positiv. Planungen für ein digitales Ticket sowie die Bereitstellung von Echtzeitinformationen über Busstandorte usw. unterstützen wir. Mittel- bis langfristig wollen wir die Schaffung einer App anregen, die verschiedene Informationen des ÖPNV und weiterer Verkehrsträger zusammen führt.

 

Unsere Prioritäten 

 

Viele der Vorschläge, die wir aufgeführt haben, bergen erhebliche Kosten in sich. Deshalb erscheint es notwendig, dass die Freien Demokraten Kiel klar ihre Prioritäten benennt. 

  • Die einfache Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto ist für uns von besonderer Bedeutung. Sie erscheint uns erheblich wichtiger und dringender als Gedankenspiele über einen komplett kostenlosen ÖPNV. Leerstände in der Innenstadt erhöhen genau hier den Handlungsdruck in der Kieler Verkehrspolitik. Ziel muss es sein, dass die Innenstadt für alle Kielerinnen und Kieler sowie insbesondere auch für die Menschen aus dem Umland eine echte Alternative zum Citti-Park und zum Ostseepark in Schwentinental wird.
  • Es ist besonders wichtig, das Baustellenmanagement der Stadt Kiel zu verbessern. Die gegenwärtig hierdurch immer wieder entstehenden Staus stellen eine starke Belastung für Mensch und Umwelt dar.
  • Die nächtliche Parkplatzsituation ist für viele Anwohnerinnen und Anwohner eine erhebliche Belastung. Die Stadt Kiel soll zur Entlastung des Anwohnerparkens mit dem Einzelhandel in Gespräche eintreten, um ihren Parkraum außerhalb der Öffnungszeiten zu öffnen. Des Weiteren soll die Stadt bei Baugenehmigungen darauf achten, eine solche Änderung dauerhaft festzuhalten. Hier Abhilfe zu schaffen wäre für viele Menschen eine Steigerung der Lebensqualität.
  • Die Erhöhung der Taktung zu Spitzenzeiten sowie der dauerhafte Ausbau der Schnellbuslinien haben als wesentliche Beiträge zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV eine besondere Priorität.